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Zämä fiire

Juni 20, 2019

Im gemeinsamen Feiern steckt eine spirituelle Kraft. Manche Formen von Spiritualität kann man ganz gut allein ausüben. Andere können auch gemeinsam erlebt werden, ja, durch das gemeinsame Erleben kommt wie eine neue Dimension hinzu.

Nehmen wir das Beten. Ich muss zugeben: Ich war schon bei Gebetsgemeinschaften dabei, die ich als sehr anstrengend oder beklemmend empfunden habe, und ich bin nur aus Anstand oder Pflichtgefühl geblieben. Aber ich habe auch schon Momente erlebt, die ich allein betend nicht erlebt hätte. Das geschah vor allem da, wo wir uns einander geöffnet haben. Wir haben erzählt, was uns bewegt, Schönes und Belastendes. Und dann haben wir für die Anliegen gebetet. Das war so trostreich, entlastend, wohltuend. Das könnte gemeint sein, wenn Jesus sagt: „Wenn zwei von euch auf Erden übereinkommen, um etwas zu bitten, dann wird es ihnen von meinem Vater im Himmel zuteilwerden. Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ (Matth 18,19f)

Auch das gemeinsame Singen hat eine ganz besondere spirituelle Kraft. Natürlich nicht, wenn man ein Lied einfach müde und lustlos heruntersingt, weil es jetzt als nächstes im Programm drankommt. Aber wenn ein Chor oder eine Gemeinde oder eine Familie von Herzen Gottes Liebe besingt, dann öffnet sich zuweilen der Himmel. Und ich vergesse nie, wie ich vor vielen Jahren (noch zur Zeit der Apartheid) eine Gruppe aus Südafrika „Freedom is coming“ singen hörte. Da spürte ich, wie die Mauern des Unrechts zu wackeln begannen.

Oder manchmal geschieht es beim Abendmahl: Wenn wir als Gemeinde in unserer ganzen Unterschiedlichkeit um den Tisch des Herrn versammelt sind, dann habe ich manchmal das Gefühl, dass etwas vom Reich Gottes Wirklichkeit wird. Jede und jeder ist willkommen und angenommen. Alle bekommen ein Stück vom Brot. Darin liegt eine Kraft, die unsere Leben und unsere Welt verändern kann.

An der Gemeindeversammlung haben wir beschlossen, dass wir in diesem Jahr den Fokus speziell auf das gemeinsame Feiern und Erleben von Spiritualität legen. Und der Gemeindevorstand schlägt vor, dass Kleingruppen den Abendmahlsteil in einem Gottesdienst gestalten. Was hilft euch, dass das Abendmahl ein spirituelles Erlebnis wird? Ruhige oder fröhliche Formen? Soll es liturgisch-traditionell oder einmal ganz anders sein? Wer nimmt den Ball auf? Ich bin gespannt, zu welchen Erlebnissen wir geführt werden.

In herzlicher Verbundenheit

Urs Rickenbacher